Den Weg durch ein Labyrinth finden

Bericht über Gesprächsrunde „Den Weg durch ein Labyrinth finden“

 

Am Samstag, den 05.03.2016 trafen Gäste wie Mitglieder nacheinander zu einer gemeinsamen Gesprächsrunde ein.

Um 14 Uhr begrüßte Herr Johann Kalteis die Anwesenden und machte an diesem Tag die Kommunikationshilfe zum Thema, insbesondere Gebärdensprachdolmetscher versus Kommunikationshelfer/innen und persönliche Assistenzen betreffend.

Die Gesprächsrunde befasste sich über zwei Stunden mit diesem Thema, wir konnten viele Erfahrungswerte und Probleme auf den Tisch legen.

 

Ziel war es:

Was können wir verbessern? Was können wir verändern? Wie können wir die Rechtsfrage klären? Und noch Vieles mehr.

Ein Problem ist mitunter: Wer bezahlt die Kosten für die Dolmetscher? Wie bekommt man auf schnellem und unbürokratischem Wege einen Dolmetscher? Teilweise muss man ja 3 - 6 Wochen auf einen Dolmetscher warten, eine spontane Suche ist kaum möglich.

Es gab viele Betroffene, verzweifelte hörgeschädigte Menschen, die über Probleme und Erlebnisse mit Dolmetschern berichteten.

Was kann man verbessern?

 

Vorschlag:

Vertrauensperson, Persönliche Assistenz, Kommunikationshelfer, Budgetassistenz sind gute Alternativen zu Gebärdensprachdolmetschern.

Warum wissen viele Betroffene, sozial schwache oder hör- und sprachgeschädigte Menschen, nichts von Kommunikationshelfern/innen oder Persönlicher Assistenz? Wer verschweigt dies denn immer? Liegt es an der Geschäftemacherei der Gebärdensprachdolmetscher?

Vielen Betroffenen sagte man, dass Persönliche Assistenz oder Kommunikationshelfer/innen nicht erlaubt wären. Viele glaubten das, aber diese Aussage stimmt nicht!

Ich sehe das so: „Wir sind wir von der Gesellschaft überrollt worden.“

Warum haben wir diese Situationen nicht rechtzeitig verstanden oder werden wir immer falsch beeinflusst?

Der Vorstand und Initiator der Gesprächsrunde wollte das klarstellen, denn er kennt die Rechte von hör- und sprachgeschädigten Menschen.

Selbst im Gesetz steht, Hörbehinderte hätten ein Recht auf Verständigungshilfe und ein Recht darauf zu verstehen und verstanden zu werden, auf Hilfe durch Dolmetscher, Kommunikationshelfer oder Persönliche Assistenz, aber auch auf Hilfe durch Vertrauenspersonen, je nach individuellem Bedarf. Wichtig ist, dass die Chemie zwischen Betroffenem und Helfer stimmt!

Jeder hat persönliche Wahl- und Entscheidungsfreiheit, z.B. welche Kommunikationshilfe er wählt. Es muss nicht immer ein Gebärdensprachdolmetscher sein!

 

Beispiel:

Blinde haben auch Vorlesekräfte. Das heißt, jemand (z.B. Assistenz oder vertraute Person) liest dem Blinden ein Buch vor und spricht mit ihm darüber, damit der Blindes den Inhalt des Buches versteht.

Es gibt hier ein Ungleichgewicht. Das ist eine Gefahr für unsere Gesellschaft.

 

Anderes Beispiel:

Gerichtsverhandlung. Bei Gericht benötigt man einen vereidigten Gebärdensprachdolmetscher. Natürlich unterliegt dieser der Schweigepflicht. Das Problem ist aber, viele Gebärdensprachdolmetscher sind nicht neutral. Sie kommen über gehörlose Eltern zu gehörlosen Vereinen, Veranstaltungen, usw. Das ist dann Befangenheit!

Einige Betroffene wollen diese Dolmetscher bei Verhandlungen nicht, müssen bei Gericht darum bitten, einen anderen Dolmetscher zu bekommen. Oft wird das falsch verstanden!

Wenn bei einer Gerichtsverhandlung ein Gebärdensprachdolmetscher übersetzt, wer kann dann dafür garantieren, dass der Dolmetscher 100 % alles richtig übersetzt? Wie können wir uns vor Manipulation durch Dolmetscher schützen?

Es sind schon einige Fälle passiert, bei denen festgestellt wurde, dass die Dolmetscherin bei der Gerichtsverhandlung nicht richtig übersetzt hatte. So hat sich einmal eine Zuschauerin, welche die Gebärdensprache verstand, gemeldet und sich beschwert. Der Richter hat die Verhandlung daraufhin abgebrochen. Aber wie hoch ist die Dunkelziffer?

Bei Verhandlungen mit hörenden Verfahrensbeteiligten bekommt man nach der Sitzung ein Protokoll, z.T. werden die Gespräche auch aufgenommen.

Aber wie sieht es für uns Gehörlose aus? Keine Kontrolle, keine Überwachung bei den Gerichtsverhandlungen. Wir sehen es als Benachteiligung, wenn unsere Minderheit von Gehörlosen in der Gesellschaft nicht mal vor Gericht Sicherheit hat.

Ärzte werden durch die Ärztekammer überwacht, Rechtsanwälte durch die Rechtsanwaltskammer, aber wer überwacht Gebärdensprachdolmetscher? Jeder kann das machen, doch keiner übernimmt die Garantie, für das was sie tun.

Manche Hörgeschädigte berichteten davon, dass die Dolmetscher ihre Schweigepflicht nicht einhielten und alles weitererzählt haben. Dies sind erschreckende Nachrichten, von denen wir aber leider schon länger wissen. Aber was sollen wir tun?

Viele hörende Menschen, z.B. Richter, wissen nicht viel über unsere gehörlose Minderheit. Viele denken vielleicht, dass Dolmetscher dadurch, dass sie fremd sind, auch neutral sind. Dem ist leider nicht so.

Wir Gehörlose wollen natürlich, dass die Dolmetscher neutral sind.

Wir wollen auch nicht bevormundet werden.

Warum werden Gesetze und Vereinbarungen, die uns betreffen nicht vom Gehörlosenverband entworfen, mitbestimmt oder zumindest überprüft? Warum machen das Menschen, die sich überhaupt nicht auskennen. Viele Hörende, z.B. Verband der Dolmetscher/innen, haben Gesetze, die uns betreffen, fingiert beeinflusst oder geändert. Frage: Spielen wir jetzt „blinde Kuh“?

Aber was sollen wir TUN? Wie können wir die Willkür ändern?

Es gibt natürlich auch gute, neutrale Dolmetscher/innen, bei denen wir uns sicher und wohl fühlen, und denen wir vor allem richtig vertrauen können. Doch das sind wenige.

Aufgrund der vielen Erfahrungsberichte war das Thema „Kommunikationshilfen“ sehr interessant. Alle waren begeistert und freuten sich, dass viel Wahrheit ans Licht gebracht wurde.

Zwischendurch gab es Kaffee und Kuchen sowie gekühlte Getränke. Ein besonderes Danke an Hanife. Die Erdbeertorte war traumhaft! Auch ein herzliches Danke an Rita, Yvonne und Claudia, eure Kuchen waren sehr lecker.

Die Gesprächsrunde endete offiziell um 16.30 Uhr. Manche sind nach Hause gegangen, andere haben den Rest des Abends gemütlich beim Abendessen ausklingen lassen.

Gerne möchten wir unsere gemeinsamen Gesprächsrunden fortsetzen. Ein Termin und ein Thema werden noch bekannt gegeben.

Nochmals Dank an Herrn Johann Kalteis und die zahlreich erschienenen Gäste. Wir hoffen auf ein baldiges Wiedersehen.

 


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