Remszeitung  Schwäbisch Gmünd | Freitag, 01. November 2013

Infoveranstaltung „Gehörlosigkeit und Depression“ am 9. Nov. 2013

Die Zahl der Depressionen nimmt zu. Gehörlose sind davon häufiger betroffen, als die Allgemeinheit. Das macht eine Informationsveranstaltung am Samstag, 9. November, in der Turnhalle des Hörgeschädigtenzentrums St. Vinzenz in der Rektor-​Klaus-​Straße zum Thema.

 

SCHWÄBISCH GMÜND (ml). Bei Klaus Köder, der sich bei der AOK Ostwürttemberg um das Thema Selbsthilfegruppen kümmert, haben sich die Zahlen umgekehrt: Bezogen sich früher zwei Drittel der Anfragen auf körperliche Leiden, geht es heute häufiger um psychische Probleme.
Bei einer Information für Gehörlose zum Thema Schlaganfall ergab sich im vergangenen Jahr die Bitte, beim nächsten Mal Depressionen zu thematisieren. Das wird nun am 9. November passieren. Wobei es sich, so Köder, um keine medizinische Informationsveranstaltung handle, sondern „die Kompetenz Betroffener auf Augenhöhe abgerufen werden soll.“
Dass die AOK damit nicht falsch liegt, beweist auch die Tatsache, dass die Bundestagung der Gehörlosen in diesem Jahr genau das gleiche Thema hatte. Entsprechend sind die Veranstalter schon weit über die Region hinaus auf großes Interesse gestoßen.
Tim-​Hendrik Naeve, als Sozialberater für Gehörlose mehrerer Landkreise zuständig, verweist darauf, dass die Kommunikationsbarrieren Gehörloser zu einer größeren Verletzlichkeit in dieser Gruppe führen. Er begrüße, dass auch Hörende bei dem Termin willkommen sind, weil dadurch in der „hörenden Welt“ Bewusstsein geschaffen werde.
Günter Schallenmüller aus Schorndorf wird bei der Veranstaltung sprechen. Er hat als Betroffener 25 Selbsthilfegruppen für Menschen mit Depression in großem Umkreis gegründet. Deshalb ist es auch ihm ein großes Anliegen, Hörende auf den Termin hinzuweisen, um zwischen Menschen aus beiden Bereichen gegenseitig Verständnis zu wecken.
Dr. Sarah Neef aus Esslingen ist Diplom-​Psychologin und als Gehörlose unter Hörenden aufgewachsen. Ihre Patienten kommen aus beiden Gruppierungen. Die Ärztin beklagt, dass es zu wenig öffentliche Information über das Thema Depression gebe. Dabei sei die Krankheit nichts, wofür man sich schämen müsse.
Ebenso wie Günter Schallenmüller will Sarah Neef in Schwäbisch Gmünd darüber sprechen, wie man mit Depression umgehen kann. Da es speziell für Gehörlose zu wenige Ansprechstellen gebe, will sie aufzeigen, wohin man sich wenden kann. Weiterer Redner ist Walter Karg, der als Gehörloser von Depression betroffen war.
Alle Beteiligten treffen sich am Ende der Veranstaltung zu einem Podiumsgespräch unter Leitung des Gehörlosenseelsorgers Diakon Herbert Baumgarten. Er berichtet im Vorfeld von seinen Erfahrungen mit kulturellen Unterschieden: Gehörlose seien in ihrer Kommunikation direkter, vermieden Floskeln. Da sie zum Verstehen ihr Gegenüber direkt ansehen müssen, bezögen sie Gesichtsausdrücke häufig auf sich – auch wenn diese gar nicht so gemeint seien. Auf Seiten der Hörenden hätten manche Menschen wenig Verständnis für die Gebärdensprache.

Die Informationsveranstaltung „Gehörlosigkeit und Depression“ findet am Samstag, 9. November, statt und beginnt um 14 Uhr in der Turnhalle des Hörgeschädigtenzentrums St. Vinzenz in der Rektor-​Klaus-​Straße 8. statt. Die Vorträge werden von der Gebärdendolmetscherin Verena Siebke für Gehörlose übersetzt. 

 

Gmünder Tagespost/ Schwäbische Post 01.11.2013

Gehörlose besser verstehen

Veranstaltung der AOK und KIGS stellt Berichte von Betroffenen in den Vordergrund

Mit ihrer Veranstaltung zu “Gehörlosigkeit und Depression“ am Samstag, 9. November, lenkt die AOK gemeinsam mit KIGS die Aufmerksamkeit auf ein besonderes Problemfeld. Im Mittelpunkt steht nicht medizinische Aufklärung, sondern Berichte von Betroffenen und Experten. Ein wichtiger Beitrag zur Aufklärung und Hilfe auch für Hörende, da ein Schlaganfall unter anderem Gehörlosigkeit nach sich ziehen kann.

Gise Kayser-Gantner

Schwäbisch Gmünd. Depression ist eine Erkrankung, die absolut jeden treffen kann. Die Erklärung, was eine Depression ist, sei vielen Menschen unklar, erläutert die Diplom-Psychologin Dr. Sarah Neef aus Stuttgart im Pressegespräch im AOK-Center. Viele Menschen zählen bereits Trauer zu dieser Erkrankung. Das sei aber falsch. Neef werde die Definition von Depression aus Sicht der Psychotherapie und was sich dahinter verbirgt, sowie welche Hilfsmöglichkeiten bestehen in ihrem Vortrag in der „Med&More-Infoveranstaltung“ sehr ausgiebig erläutern.
Depressionen treten sowohl bei gehörlosen als auch bei hörenden Menschen auf. Wichtig sei bei dieser Erkrankung der Austausch mit anderen. Darauf ist das Programm der Veranstaltung ausgerichtet. Günter Schallenmüller, Gründer vieler regionaler Selbsthilfegruppen zur Depression, wird als Betroffener einen Beitrag mit dem Titel „So arrangiere ich mich mit meiner Depression“ geben, und Walter Karg, Gehörlose/Bodenseekreis, zu „Gehörlos und Depressiv – wie ich damit umgehe“.
Tim-Hendrik Naeve, Familien- und Lebensberatung für Hörgeschädigte, berichtete von der besonderen Lage der Gehörlosen, wenn sie eine Depression entwickeln. Durch Unverständnis der Umwelt für ihre besondere Situation ergäben sich viele Missverständnisse, die zu dieser seelischen Erkrankung führen können.
Gehörlose seien sehr direkt, erläutert der Gehörlosenseelsorger Herbert Baumgarten. Während zum Beispiel ein Hörender einen anderen mit höflichen Worten um einen Gefallen bittet, äußere sich der Gehörlose mit einer direkten Frage. Sehr sensibel sei in dieser Gruppe die Wahrnehmung von Gestik, Mimik und Körpersprache des Gegenübers. Dadurch entstehen, so Baumgarten, falsche Interpretationen. Der Hörende reagiere verärgert über die Direktheit des Gehörlosen, der Gehörlose selbst reagiere dann oft verletzt.
Hier eine Brücke zu schlagen zum besseren Verständnis zwischen Hörenden und Gehörlosen sei ein weiteres Anliegen dieser Veranstaltung, so Klaus Köder von der AOK. Die Veranstaltung wird von der Gebärdendolmetscherin Verena Siebke übersetzt.

 Die Med&More-Infoveranstaltung „Gehörlosigkeit und Depression, Betroffene und Experten berichten“ ist Samstag, 9. November 2013, 14 Uhr in der Turnhalle im Hörgeschädigtenzentrum St. Vinzenz, Rektor-Klaus-Str. 8.

© Schwäbische Post 01.11.2013

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